Geschichten von Damals

Damals war's
Die Villa Eckardstein


Jeder, der sich auf der Berliner Straße in Strausberg bewegt, egal ob stadtein- oder auswärts, kommt an ihr vorbei - der Villa Eckardstein. Die Turmvilla wurde vermutlich 1906/07 als Eckbebauung errrichtet. Im Jahre 1999 vom Land Brandenburg zum Einzeldenkmal erklärt, kann sie auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Lassen wir sie selbst erzählen:

Meinen Namen verdanke ich einem alten Adelsgeschlecht. E. J. Eckardt (1742-1803) erzielte mit Hilfe seines Vaters ein Vermögen. Nach Anhäufung weiteres, war er bereit, sich in Preußen anzusiedeln. Verlangte aber im Gegenzug die Freiherrnwürde, die man ihm verlieh. Er durfte sich Freiherr von Eckhardtstein nennen. Aufgrund seiner Abergläubigkeit ließ er einen der 13 Buchstaben wegstreichen und hieß von nun an `Freiherr von Eckhardstein`.

Ich war schon ein schmuckes Gebäude, hochherrschaftliche Leute gingen bei mir ein und aus. Zeitzeugen sind sich uneins, ob meine Nutzung nur als Gäste- oder auch als Stadt-Haus diente. Es bleibt eines meiner Geheimnisse. Nach dem Krieg quartierten sich Schüler ein. Sie erhielten ihren Unterricht an ungewohnter Stelle, da die eigentliche Schule zerstört war. Ab dem Jahre 1964 beherbergte mein Inneres Familien in neu errichteten Wohnungen, verwaltet von der KWV. In den 70-er Jahren baute man meine Kellerräume aus und es zogen Dienstleistungsbetriebe ein. Später dann sogar eine Schneiderei und Boutique. Es ging hoch her, ich sah ständig Leute kommen und gehen.

Ende der 1980-er Jahre mußten alle Bewohner ausziehen. Ich sollte saniert werden. Wegen ungeklärter Eigentumsfragen wurde das Vorhaben vorübergehend auf Eis gelegt. Kurze Zeit später fiel die Mauer und es begann eine neue Epoche, auch für mich. Aufgrund des Leerstandes wurde ich 1991 von Jugendlichen besetzt. Es ging hoch her, immer irgendwelche Aktionen, aber die äußere Fassade bröckelte weiterhin. Im März 1995 verließen sie mich wieder, die Behörden ordneten ihre Räumung an.

Zwei Jahre später hatte ich einen neuen Eigentümer. Der wollte mich rundum sanieren und dann einer geeigneten Nutzung übergeben. Ich war heilfroh, dem Verfall entronnen zu sein. Leider hatte ich mich zu früh gefreut, er war dazu nicht in der Lage. Kurze Zeit später nannte mich ein weiterer Besitzer sein eigen, der nach einem Jahr in die Insolvenz ging. So stand ich nun da, von außen halbwegs rekonstruiert, aber immer noch nicht im neuen alten Glanz erstrahlend und bot keinen schönen Anblick. Die Leute redeten schon über mich. Ich war am verzweifeln, was sollte bloß aus mir werden ...

Erst 2008 fand sich jemand. Ich schöpfte wieder Hoffnung und zu Recht. Nach erfolgter Sanierung wurde aus mir ein modernes Ärztehaus. Mit einem guten Gefühl behaupte ich, wieder eine imposante Erscheinung zu sein und zu Recht die Bezeichnung Villa zu tragen. Im Volksmund bin ich unter dem Namen `Villa Eckardstein` bekannt und so soll es auch bleiben.

Quelle: Magisterarbeit Doreen Thieke (2009) Thema: Strausberger Villen als Zeichen politischer Wandlungsprozesse.
Ein Dank an Frau Karlson vom Heimatmuseum.

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