Geschichten von Damals

Damals war's
Strausbergs ehemalige Mühlen


Am Anfang zerkleinerten sesshaft gewordene Nomaden ihr Getreide mit Hilfe einer einfachen Reibemühle. Auf einem flachen Bodenstein wurde mit einem zweiten, abgerundeten Stein das Getreide zerrieben. Fortschrittlicher war die steinerne Handdrehmühle, die unsere Vorfahren von den Kelten übernahmen und von nun an nutzten. Ab dem 6. Jahrhundert kam im Fränkischen langsam die Wassermühle zum Einsatz. Erst Jahrhunderte später die Windmühlen. Ihre älteste Form ist die `Bockwindmühle`. Wurden anfangs Mühlen nur zum Malen von Getreide eingesetzt, nutzte man später wasserangetriebene Mühlen auch zum Tuchwalken, Lohestampfen, Holzschneiden und sogar in der Metallbearbeitung. Alle Mühlen unterstanden grundsätzlich dem Landesherrn und waren eine lukrative Geldeinnahme. Der jeweilige Müller hatte ordentliche Abgaben zu leisten.

Die älteste Wassermühle in der Nähe von Strausberg war die 1354 errichtete Beiermühle (heute Roter Hof). Sie arbeitete auf Grund des häufigen Wassermangels nur bis 1773. Eine Ausnahme bildeten das Frühjahr 1709 und der Herbst 1710, als die reichlichen Wassermassen Haus, Scheune und Mühle wegschwemmten. Später pachtete der damalige Besitzer das Gelände vom Magistrat, um Landwirtschaft zu betreiben.

Die Schlagmühle am Mühlenfließ war wirtschaftlich die bedeutendste für die Stadt. Erstmals erwähnt wurde sie im Jahre 1247 als „Mühle am Herrensee“, ehe sie 1559 in „Mühle im Gehege“ und dann in „Bäckermühle“ umbenannt wurde. Um 1615 lautete ihr Name `Falcken Mulle` nach ihrem damaligen Besitzer, dem Bürgermeister Falcken. Nur wenig entfernt zwischen Mühle und Herrensee lag die städtische Zollstelle, der `Schlagbaum`. Und da der Müller auch verpflichtet war, die am `Schlag` über das Fließ führende Brücke zu unterhalten, hieß sie einfach nur noch Schlagmühle. In den Jahren 1797 bis 1799 wurde sie zur zweiten Walkmühle für die Strausberger Tuchmacher umgebaut. Nach einem Brand im Jahre 1848 wurde sie mit vier Walkhämmern und einem großen Seifkeller wieder aufgebaut. Als dann 1867 am nördlichsten Stadtrand eine Dampfwalke entstand, gab das Strausberger Tuchmacherhandwerk die nicht mehr lohnende Mühle auf. Ab 1893 war die Mühle eine beliebte Ausflugsgaststätte. Im Mai 1945 ging das Gebäude aus ungeklärten Gründen in Flammen auf.

Die Vormühle entstand am einzigen ursprünglich offenen Abfluss des Straussees, südöstlich der Altstadt. Vermutlich ist sie zusammen mit der Stadt schon 1225/30 gebaut worden und diente den Bewohnern der Marktsiedlung (am heutigen Lindenplatz) und den Leuten der Burg zum Mahlen ihres Getreides. Oft litt die Vormühle wegen ihres geringen Gefälles unter Wassermangel. Der letzte Müller verkaufte sie 1839, nach dem er den Mahlbetrieb schon lange Zeit vorher einstellte. Die Nebengebäude wurden anschließend von einer Weißgerberei genutzt. Beim Bau der Umgehungsstraße östlich der Altstadt wurden die verfallenen Gebäude 1977 restlos entfernt.

Auf dem heutigen `Mühlenberg` stand nie eine Mühle, er hat seinen Namen der Vormühle zu verdanken, die sich nur wenige Meter östlich befand.

Um zur städtischen Hegermühle zu gelangen, mussten die Bürger eine Brücke über das Mühlenfließ passieren. 1513 erstmals erwähnt, war der Standort der Mühle gut gewählt, denn dank des Mühlenteiches verfügte sie über reichlich Wasser. Zu Beginn des 20. Jh. wurde das Anwesen in eine Ausflugsgaststätte umgewandelt, das leider während des 2. Weltkrieges verfiel.

Vor dem Wriezener Tor (heute vor der Schwimmhalle) ließen die Stadtväter mit Genehmigung des Landesherrn Kurfürst Joachim I. in Cölln an der Spree im Januar 1533 eine Windmühle errichten. Die Verpachtung des Bauwerks war mit größeren Schwierigkeiten verbunden. Da die Mühle ungeschützt vor den Toren der Stadt stand, war sie ein leichtes Ziel bei kriegerischen Angriffen und wurde oft beschädigt. Im März 1900 ging sie zum letzten Mal in Flammen auf und wurde nicht wieder aufgebaut.

In Strausberg standen im 19. Jahrhundert über Jahrzehnte noch drei hölzerne Bockwindmühlen: im heutigen Bereich der Ringstraße, nördlich der Hegermühle, im Bereich der Ruhlsdorfer Straße und vor dem Landsberger Tor. In den Jahren 1900 bis 1909 ließ die Brandenburgische Provinzial-Schul- und Erziehungsanstalt noch eine neue Windmühle errichten. (Heute Schulgebäude Philipp-Müller-Straße). Sie diente zur Müllergesellen-Ausbildung der Zöglinge und Eigenwirtschaft, bis sie im Frühjahr 1945 abbrannte.

Die Walkmühle, erstmals erwähnt 1540, befand sich am unteren Teil des Beckerfließes und somit am weitesten von der Altstadt entfernt. Hier wurden gewebte Tuche in einem großen Bottich mit Hämmern gestoßen, um sie zu verfilzen und zu verdichten. Alles, was die Strausberger Tuchmacher herstellten, musste gewalkt werden. Die Walkmühle hatte eine Kapazität von etwa 40 Fußwalkern, befand sich aber in einem schlechten Zustand. Im Jahr 1562 erfolgte daher ein Neubau, an dem 1617 weitere Verbesserungen vorgenommen wurden. Die Mühle stieß um 1800 an ihre Kapazitätsgrenzen. Der Bedarf der Strausberger Tuchmacher stieg. Als es dann 1870 mit der Tuchproduktion abwärts ging, diente das Gebäude als Wohnhaus und nach 1945 als Heim für katholische Schwestern (Immakulatahaus).

Die Schneidemühle, Strausbergs jüngste Wassermühle, stand am Beckerfließ zwischen Schlag- und Walkmühle. Ein Damm, quer durch das Annatal, staut noch heute den ehemaligen Mühlenteich (Schwanenteich). Die stadteigene Mühle, nachweislich 1612 erwähnt, übernahm vermutlich die Holzschneidearbeiten der Walkmühle. Gearbeitet wurde dort bis 1894. Danach war das Objekt nur noch ein Wohngrundstück. Aus ungeklärter Ursache brannte im Winter 1946/47 das Hauptgebäude ab.

In der näheren Umgebung von Strausberg sind u.a. noch folgende Mühlen erbaut worden: die Gielsdorfer Mühle (1375), die Wesendahler Mühle (1608), die Spitzmühle (1367), die Neue Mühle (1712), die Klosterdorfer Windmühle (18./19. Jh.), die Hohensteiner Mühle (19./20. Jh.), die Garzauer Mühle (1375).

Das Ende der Wind- und Wassermühlen trat im Zuge der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert durch die Erfindung der Dampfmaschinen sowie des Verbrennungs- und Elektromotors ein. Vollautomatisierte Großmühlen bildeten mit ihrer um ein Vielfaches größeren Ausbaukapazität eine übermächtige Konkurrenz.

Quelle: Akanthus 8/1999 Strausberger Mühlengeschichte
Wir danken Frau Karlson vom Heimatmuseum für die freundliche Unterstützung.

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