
Bild:© Uwe Spranger
Auch in diesem Jahr hat die Gedenkveranstaltung der Stadt für Opfer der Nazi-Novemberpogrome gegen jüdische Mitbürger vor 85 Jahren gute Resonanz gefunden. Rund 60 Bürger aller Altersgruppen waren der Einladung zum jüdischen Friedhof nahe der Fähre gefolgt, um die Erinnerung an damalige Geschehnisse und deren Opfer wach zu halten. Bürgermeisterin Elke Stadeler berichtete bei der Begrüßung von einem Besuch in der tschechischen Partnerstadt Terezin. Mehr als 140.000 Menschen waren zu NS-Zeiten dorthin deportiert worden, nur etwa jeder Sechste hatte überlebt. Sie sagte, ihr sei daran gelegen, die Tradition am 9. November fortzuführen und möglichst besser zu werden. Als der Strausberger Roland Lemke im Rathaus um Unterstützung gebeten habe, habe sie die Möglichkeit genutzt, ihn für die Veranstaltung zu gewinnen.
Lemke recherchiert für ein Buch über jüdische Opfer der NS-Zeit aus Strausberg. Mehr als 100 Fälle hat er schon zusammengetragen. „Ich habe gedacht, Strausberg ist eine größere Stadt - die Stolpersteine können nicht alles sein“, erklärt der frühere Geschichtslehrer. Er fasse die Thematik allerdings auch etwas weiter, forsche nicht nur über Personen, die hier lebten oder arbeiteten, sondern beispielsweis auch über Berliner, die in Strausberg beispielsweise Grundstücke besaßen. Bei der Gedenkveranstaltung erinnerte er unter anderem an Ernst Heymann in der Müncheberger Straße 21, der einen Tag nach den Pogromen verhaftet und ins KZ Sachsenhausen deportiert wurde. Zudem zitierte aus Briefen von Hertha Feiner aus der Weinbergstraße 3. Bei der jungen Generation Interesse für die damaligen Geschehnisse zu wecken, funktioniere nur über Empathie für die Opfer, so seine Erfahrung. Er hofft, in Kürze mit seinen Vorbereitungen für das Buch so weit zu sein, dass der Druck vorbereitet werden kann.
Auch Pfarrer Tillmann Kuhn äußerte einige Gedanken. Er erinnerte daran, dass am Ort der Veranstaltung Vorfahren von Shoa-Betroffenen liegen. Deutschland stehe in der Verantwortung für die, die damals zu Opfern wurden. Man müsse Haltung beweisen und dürfe sich nicht auf den Weg des Hasses ziehen lassen, mahnte er. Hass habe die Hamas auf den Weg gebracht, knüpfte er an aktuelles Geschehen im Nahen Osten an. Gewalt erzeuge Gegengewalt, aber auch der Staat Israel sei in der Verantwortung: „Für das Mensch-Sein.“ Er schloss mit einem hebräischen Lied: „Shalom“ – übersetzt Frieden. Zum Abschluss wurden auf der Mauer Blumen niedergelegt.
Der 9. November erinnert an die Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938. Dabei ermordeten SA-Angehörige und sonstige Nazis im ganzen Reichsgebiet mehrere hundert Juden. Um die 1400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume jüdischer Menschen sowie Geschäfte, Wohnungen und Friedhöfe wurden zerstört. Es folgten Deportationen jüdischer Menschen in Konzentrationslager. Rund sechs Millionen starben an den Folgen der Haftbedingungen oder wurden ermordet.
Quelle: Stadt Strausberg - Uwe Spranger