75. Jahrestag der Befreiung - 22.04.2020 | Fotogalerie
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75. Jahrestag der Befreiung
Rüdersdorf gedenkt
Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin informiert:

Rüdersdorf gedenkt dem 75. Jahrestag der Befreiung seiner Ortsteile - Nichts ist vergessen und niemand ist vergessen.

Am 21. April 2020 legte die Bürgermeisterin der Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin, Sabine Löser, ein Gesteck aus 75 weißen Rosen am Denkmal der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes in Hennickendorf nieder. Anlass war der 75. Jahrestag der Befreiung der heutigen Ortsteile der Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin vom Terror der Nazis durch die Rote Armee.

Ursprünglich war eine größere Veranstaltung mit Zeitzeugen geplant, welche aufgrund der aktuellen Corona-Lage jedoch bereits langfristig abgesagt wurde. Zu der kleinen Feierstunde waren neben den Ortsvorsteher*innen auch der Vorsitzende der Gemeindevertretung nebst seiner Stellvertreterinnen sowie die Fraktionsvorsitzenden der Gemeindevertretung geladen.

Musikalisch wurde die Veranstaltung von Lucy Krienke an der Querflöte begleitet, wel-che als Zeichen der Hoffnung und der Verbindung Europas die Ode an die Freude spielte.

Nachfolgend veröffentlichen wir die Rede von Sabine Löser in Auszügen:

"Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, ein dreiviertel Jahrhundert ist es her, dass die heutige Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin mit ihren Ortsteilen von der Barbarei des Nazi-Regimes durch die Rote Armee befreit wurde. Mehr als 50 Millionen Tote forderte der 2. Weltkrieg, allein die Hälfte in der Sowjetunion und dort wiederum mehr als die Hälfte Zivilisten. Ein dreiviertel Jahrhundert ist das her, fast ein ganzes Menschenleben.

Und trotzdem gibt es sie noch, die letzten Zeitzeugen - die Überlebenden der Konzentrationslager, die Menschen, die den Schrecken des Krieges erlebt und ihn überlebt haben. Darunter auch unsere eigenen inzwischen hochbetagten Eltern. Ihnen allen gilt es zuzuhören.
[...]

Aus diesem Zuhören erwächst unserer Verantwortung. Wir alle, die jetzt noch die Chance haben, den Überlebenden zuzuhören, sollten genau das tun. Und wir sollten unser Handeln daran ausrichten.
Es wäre eine vermessene Annahme, wenn wir davon ausgehen, dass wir all das, was diese Menschen erlebt haben auch nur annähernd gleichwertig wiedergeben können. Aber wir können dafür Sorge tragen, dass für immer und ewig gilt: „Nichts ist vergessen - und - niemand ist vergessen.“ Das können wir weitergeben.

Zum 40. Jahrestag der Befreiung, am 8. Mai 1945 sprach der damalige Bundespräsident Richard von Weizäcker Folgendes. Ich darf zitieren:
„Kein fühlender Mensch erwartet von ihnen, ein Büßerhemd zu tragen, nur weil sie Deutsche sind. Aber die Vorfahren haben ihnen eine schwere Erbschaft hinterlassen. Wir alle, ob schuldig oder nicht, ob alt oder jung, müssen die Vergangenheit annehmen.

Wir alle sind von ihren Folgen betroffen und für sie in Haftung genommen. Es geht nicht darum, Vergangenheit zu bewältigen. Das kann man gar nicht. Sie lässt sich ja nicht nachträglich ändern oder ungeschehen machen. Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.

Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.“
35 Jahre nach dieser Rede bergen die vom damaligen Bundespräsidenten vorge-brachten mahnende Worte eine erschreckende Aktualität und Brisanz in sich. Umso stärker wiegt unsere Verantwortung – immer und immer wieder zu erzählen, wohin Hass und Hetzte, Nationalismus und Rassismus, Gewalt und Ausgrenzung führen. Unsere Verantwortung ist es auch, zu widersprechen, wenn wir wieder Zeugen einer immer größeren Verrohung unserer Sprache werden.
[...]

Der 21. April 1945 war der Tag der Befreiung für Rüdersdorf mit seinen Ortsteilen – 2 ½ Wochen später kapitulierten die Nazis dann endlich endgültig.

Matthias Platzeck riet in seiner Rede zum 75. Jahrestag der Brückenkopfbildung in Kienitz, Anfang dieses Jahres konkret und ehrlich mit der Geschichte umzugehen. So sei es nicht die Landung der Alliierten in der Normandie gewesen, die die entschei-dende Wende im zweiten Weltkrieg gab – die Historiker verkennen aus seiner Sicht die Bedeutung der Geschehnisse in der Sowjetunion. Ich erlaube mir ein weiteres Mal zu zitieren:
„Der Weltkrieg wurde schon vorher gewonnen. In der Schlacht um Moskau 1941/42, in Stalingrad 1942/43, im Kursker Bogen, in Leningrad und Sewastopol“ so Platzeck im Januar in Kienitz.

Am heutigen Tag gedenken und danken wir unseren Befreiern.

Bevor ich zum Ende komme, möchte ich aber auch darauf hinweisen, welch wunderbare Dinge in den letzten 75 Jahren entstanden sind: Sicherlich kann man an dem, was Europa heute ausmacht und bedeutet, einiges kritisieren. Gleichzeitig leben wir in einem friedlichen Europa der offenen Grenzen. Für die jüngere Generation ist ein Europa mit geschlossenen Grenzen, wie wir Ostdeutschen es kannten und wie wir es gerade aufgrund von Corona noch einmal erleben, komplett ungewohnt und verstörend.

Lasst uns diese Freiheit und die Weltoffenheit verteidigen: In Rüdersdorf, in Brandenburg, in Deutschland und in Europa. In diesem Sinne passt es wunderbar, dass wir zum Abschluss die Europahymne - die Ode an die Freude hören können.“

Wann: 22.04.2020,
Rüdersdorf

Veranstalter bzw. Veranstaltungsort:
Gemeinde Rüdersdorf

Hans-Striegelski-Straße 5, 15562 Rüdersdorf

Tel.: 033638 / 853 22



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