Geschichten von Damals

Damals war's
Das alte Posthaus


Der Begriff `Post` tauchte Ende des 15. Jh. in Deutschland auf und ist eng mit dem Haus Thurn und Taxis verbunden, das zu Beginn des 16. Jh. berittene Kurierlinien einrichtete. Daneben unterhielten Landesherren und große Handelshäuser ihre eigenen Postanstalten. Das führte zum ständigen Kleinkrieg um schnelle Beförderungsmethoden und finanzielle Gewinne.

Eine private Beförderung von Briefen durch Fuhrleute und Boten wurde 1709 in Strausberg untersagt. Die Stadt richtete eine staatliche Poststelle mit einem Postmeister an der Spitze ein, die Strausberg mit Cöln an der Spree und in östlicher Richtung mit Wriezen-Freienwalde verband.

Erste Fortschritte traten in Strausberg 1867 ein, als im Bahnhofsgebäude der Ostbahn in Vorstadt eine Postexpedition errichtet und 1878 um eine Telegraphenbetreiberstelle erweitert wurde. In der Altstadt tat sich wenig. Noch 1894 hatte das Postamt seinen Sitz in der Großen Straße 11, im Erdgeschoss des Gebäudes von Werk- und Tischlermeister Magnus. In den acht Räumen arbeiteten 15 Beschäftigte, die die Post abfertigten und den Telegrafenapparat sowie zwei Telefone bedienten. Damals lebten in Strausberg 6530 Bürger. Die Postzustellung erfolgte 3 Mal täglich. Das Tagespensum der Beamten umfasste die Zustellung bzw. Bearbeitung von durchschnittlich 464 eingehenden und 372 abgehenden Briefen sowie 100 Paketen und 418 Zeitungen. Im Postfuhrwesen waren ein Posthalter und zwei Postillione beschäftigt. Ihnen standen vier Pferde, ein Posthaltereiwagen und drei reichseigene Kurswagen zur Verfügung. Täglich wurden fünf Landpostwagen von/nach Bhf. Strausberg und Wriezen abgefertigt. An einem Tag nutzten 7 bis 8 Reisende die Postkutschen.

Erst Postmeister Thiele, der seit 1884 in Strausberg amtierte, gelang es, die Königliche Oberpostdirektion Potsdam davon zu überzeugen, dass die Errichtung eines neuen Posthauses notwendig war. Das Reichspostamt, die oberste Behörde, stimmte unter der Bedingung zu, dass kein reichseigenes Haus, sondern nur ein Miets-Postgebäude errichtet wurde. Im März 1891 übergab Maurermeister Kubisch aus Züllichau das fertig gestellte Haus, erbaut durch private Investition auf einem Teil des städtischen Trockenplatzes am Lustgarten. Er überließ das Anwesen auf 25 Jahre für eine Jahresmiete von 2.700 Mark zur Nutzung. Im Erdgeschoss befanden sich die Diensträume des Postamtes und in der zweiten Etage wohnte Thiele in der Dienstwohnung.

Wurden 1879 noch 200.834 Briefe befördert, waren es 1908 schon 1.030.432 bedingt durch die wachsende Einwohnerzahl. Bei den Paketen kam es zu einer Steigerung von 23.112 (1879) auf 80.277 Stück (1908). Die ersten Fernsprechteilnehmer meldeten sich 1897 an, es waren gerade einmal 13 und im Jahre 1908 bereits 108. Beschwerden über die Zustände beim Telefonieren wegen zu langer Wartezeiten blieben nicht aus. Eine Ursache dafür war, dass die Bedienung der Vermittlung durch den gleichen Beamten erfolgte, der die Kundschaft am Schalter abfertigen musste. Kritik gab es 1904 über die schlechte Sprechqualität und häufigen Störungen im Stadtfernsprechnetz. Eine Besserung trat erst ein, als die Verlegung von Fernmeldekabel in der Stadt und der Übergang auf Doppelleitungen erfolgte. Strausbergs Geschäftsleute murrten ein Jahr später über die kundenunfreundlichen Öffnungszeiten und die zu langen Zustellzeiten von Briefen und Telegrammen.

Der Fortschritt machte auch vor Strausberg nicht halt, im August 1897 schloss sich die Stadt mit 13 Teilnehmern an das Fernsprechnetz der Deutschen Reichspost mit Handvermittlung an. Gespräche nach Berlin, den Vororten sowie nach Potsdam, Ludwigsfelde, Babelsberg und Wannsee waren nun möglich. Das Postamt verfügte ab September 1898 über eine öffentliche Fernsprechstelle. Bürger, die keinen eigenen Fernsprechanschluss hatten, konnten endlich telefonieren. Bereits 1908 war es möglich, von Strausberg aus Gespräche in 328 Orte von Deutschland zu führen.

Maurer- und Zimmermeister Kubisch, zum Rittergutsbesitzer aufgestiegen, verkaufte das Posthaus 1903 an die Deutsche Reichspost. Inzwischen nahm das städtische Elektrizitätswerk den Betrieb auf und die Obere Postdirektion beschloss, das Postamt elektrisch zu beleuchten. Dadurch stiegen die jährlichen Ausgaben von 295 Mark für Petroleum auf 350 Mark für Elektroenergie.

Der wirtschaftliche Aufschwung und das gestiegene Verkehrsaufkommen um 1908 in Strausberg, schließlich gab es sechs Schuhfabriken, eine Pianoforte- und Knopffabrik sowie diverse Handwerksbetriebe und eine Erhöhung der Einwohnerzahl auf 7333 Personen, erforderten den Anbau eines weiteren Postschalters und die Unterbringung der Telegrafen- und Fernsprechstelle in einem separaten Raum. Eine Personalerweiterung stand an. In Planung war die Einstellung von Beamtinnen zur Bedienung der Fernsprechvermittlung. Schließlich konnte man 1909 mit 500 Orten in Deutschland telefonieren. Strausberger Geschäftsleute nutzten immer mehr den Postverkehr mit dem Ausland.

Vorgeschlagen wurde ein zweigeschossiger Anbau an der Südseite des Postgebäudes. Zwar genehmigte das Reichspostamt die Erweiterung, legte die Finanzierung aber wegen fehlender Mittel auf Eis. Es vergingen Jahrzehnte, ehe der Erweiterungsbau erfolgte. In der Zwischenzeit vergrößerte sich die Villenkolonie in Strausberg-Vorstadt rasch und die Königliche Eisenbahn beanspruchte die bisherigen Räumlichkeiten der Deutschen Reichspost selbst. Nach langwierigen Verhandlungen erklärte sich die Eisenbahndirektion Berlin bereit, Bauland für einen Neubau zur Verfügung zu stellen. Daraufhin konnte 1902 ein neues Post-Amtsgebäude in Vorstadt in Betrieb genommen werden. Das entlastete wiederum die Beamten in der Altstadt.

Als die Strausberger Rechtsanwaltskanzlei Barthel & Wolf das alte Postgebäude am Lustgarten erwarb, wurde im März des Jahres 2006 das Gebäude entkernt, Wände entfernt, Fenster instand und die Eingangstür wieder an historischer Stelle zur Hauptstraße gesetzt. Im Oktober zog die Kanzlei mit ihren Mitarbeitern ein. Außerdem beherbergt das ehrwürdige Haus die DAK Strausberg.

Quelle: Akanthus Heft 13/2003 (Günther Matthes)

Wir danken Frau Karlsohn vom Heimatmuseum für ihre freundliche Unterstützung.

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