Geschichten von Damals

Damals war's
Ehemalige Landarmen- und Invalidenanstalt


Armenhäuser entstanden in der Frühen Neuzeit. Vor allem ältere Menschen, die nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten, erhielten dort einen Wohnplatz und etwas zu essen. In den Armenhäusern wurden nur verarmte Bewohner der eigenen Stadt aufgenommen. Finanziert wurden sie in der Regel durch Zuwendungen wohlhabender Bürger sowie durch Zuschüsse von Stadt und Kirche. Auf dem Lande wurde die Armenversorgung teilweise auch aus dem gemeinschaftlichen Gut beglichen.

Strausbergs ehemaliges Landarmen- und Invalidenhaus wurde auf Befehl König Friedrich Wilhelm II. errichtet. Bettler, Zigeuner und Vagabunden sollten hier eine Bleibe finden. Auf dem geschichtsträchtigen Grundstück befand sich ursprünglich das Dominikanerkloster. Die Justizbehörden wiesen 1792 die ersten 300 Personen ein. Das Leben dort war hart, wenig zu essen und streng zur Arbeit angehalten, fristeten sie ihr Dasein. Sie mussten Wolle spinnen, die ansässige Tuchmacher verarbeiteten. Später kamen neben der Weberei noch andere Gewerbe hinzu.

Im Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam, vom 27. Oktober 1816 wurde eine Liste von Personen mit Namen, Alter und Arbeitsfähigkeit, veröffentlicht, die wegen fehlender Legitimation im Landarmenhaus zu Strausberg festsaßen. Sie wurden nicht entlassen, weil man für sie `keine günstige Gelegenheit zu einem ordentlichen Broterwerb fand`. Wer eine dieser Personen in Dienst nehmen wollte, sollte sich schriftlich mit der Inspektion des Landarmenhauses in Verbindung setzen.

Im Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin / Stück 11. / Den 14. März 1828 ist nachzulesen: `Im Jahre 1827 sind an Bettler und Vagabunden 320 Männer und 48 Weiber in das Landarmenhaus in Strausberg eingeliefert, und außerdem 45 den Kommunen abgenommenen Arme und Kinder; ... Der Bestand am Schlusse des Jahres 1827 belief sich auf 204 Bettler, 60 Blödsinnige, 29 andere Arme und 116 Kinder, überhaupt auf 409 Personen. ...`

Ein Teil der Gebäude wurde ab 1820 als Schul- und Erziehungsanstalt für sozial gefährdete Jugendliche genutzt. Als sich 1848 in Europa die Revolution ausbreitete, blieben die Strausberger königstreu. Nur im Landarmenhaus gab es kurzzeitig Unruhe und Arbeitsverweigerung. Die Insassen vertrieben sogar den Anstaltsleiter. Als jedoch ein offener Tumult ausbrach, half die Schützengilde dem Landrat wieder die Ordnung herzustellen. Im Jahr 1870 wuchs die Zahl der Insassen auf über 700 Personen an. Nach 1880 entstand ein neuer Gebäudekomplex für die jungen Leute außerhalb der Altstadt, der dem Landesjugendheim bis 1945 diente. Das Landarmenheim fungierte später als Kaserne und anschließend als Verwaltungsgebäude, wobei das Bauwerk in das Eigentum der Kreisverwaltung Märkisch-Oderland überging.

Es mag etwas kurios klingen, aber seit 2008 existiert auf dem Areal ein imposanter zentraler Neubau, der die getrennt stehenden Gebäude des alten Gerichts (rotes Backsteingebäude) und die Häuser 1 und 2 des ehemaligen Landarmenhauses verbindet und somit einen zusammenhängenden Gebäudekomplex schaffte, in dem sich heute alle Filialen des Amtsgerichts Strausberg etabliert haben.

Wir danken dem Heimatmuseum, insbesondere Frau Karlsohn, für die freundliche Unterstützung.

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